Schubis Rede

Am 28.01.2010 fand auf dem III. Städtischen Friedhof Friedenau (Künstlerfriedhof)

im engsten Kreis der Familie die Beisetzung statt.

Auf Wunsch der Familie hat Wolfgang "Schubi" Schubert die folgenden Worte zu Ehren 

seines lieben Freundes Franz Bartzsch gefunden und zu den Anwesenden gesprochen.

Wir danken Dir so unendlich dafür.


„Als ich Franz zuletzt in Waldfrieden besuchte, spielte er mir mit großer Lust seine neuesten Musiken vor. Ich war begeistert und meinte, dass er unbedingt - irgendwann viel später! - auf meiner Beerdigung spielen müsse. Mach ich doch gern, sagte er, aber dann musst Du bei mir reden. Wir lachten und stellten zugleich fest: Eins von beiden geht ja wohl nur! Nun hab ich den Salat.


Mit seinem musikalischen Genius war er schon zu Lebzeiten eine Legende. Seine Musiken sind Lieder. Und selbst die Instrumente spielen bei ihm im Bogen des menschlichen Atems. An der Klaviatur entwickelt, entspringen die Töne weniger den Händen, als einer sangesfreudigen Seele, einem funkelndem Geist; sie sind Lust am Kontrapunktischen & am rhythmischen Versatz. Bald fliegen seine Musiken, bald tauchen sie tief durch das Universum der Harmonien. Bei größeren Werken liebte Franz auch durchaus Bassklarinette und Kesselpauken - furchterregend für alle Tonmeister, die ihm aber wiederum anerkennend zugestanden, im Arrangieren ein ebenso „verflucht genialer Hund“ wie im Komponieren zu sein. Wie er Geschichten und Texte in Töne setzte oder Kompositionen schuf, in die sich geniale Texte betten ließen, sucht seinesgleichen. Er konnte erzählend musizieren, konnte Verse und Silben schmecken, wie kaum ein anderer. 


Seit nun bald vier Jahrzehnten hat Franz privat und beruflich in meiner Beziehung zur Musik zwischen Oder und Elbe einen unverrückbaren Platz. In den 70’ern setzte sein filigranes Komponieren mit der Verspieltheit zwischen deutscher Klassik und amerikanischen Grooves neue Maßstäbe. Für die damalige DDR-Musikszene stellte er alle bis dahin existierenden Vorbilder des Westens in den Schatten. Seine Lieder machten die These Ulbrichts vom „Überholen ohne Einzuholen“ in der Musik wahr! Für mich gehört er zu den Genies, deren Töne Herz und Seele wahrlich hörbar machen! Dabei verlor er nie die Bodenhaftung, war jemand wie Du und ich. Also auch mal Grübler und Zweifler mit Fehlern, Sorgen, Bedrängnissen, Enttäuschungen und Ängsten. Letzteres aber dann eher im Zusammenhang mit den Menschen, um die er ganz persönlich bemüht war - die zu seiner unmittelbaren Familie gehörten.


Entsprechend seiner Geburt im Zeichen der Zwillinge, dem Element die Lüfte, war er ein mitteilsamer und redegewandter Mensch. Er hatte einen Mutterwitz, womit er noch in den schwelgerischsten Melodien lausbübische Pointen zu setzen verstand - ein Künstler, der kräftige Farben und ansteckenden Übermut versendete. Musik, die einem die Brust frei macht, den Blick weitet und Zutrauen schafft. Er war ein großzügiges Gemüt. Auch das ist in seiner Musik zu hören. Er war beliebt und wurde geliebt.


Streit gehörte selbstverständlich ebenfalls zu seinem kreativen und manchmal auch beziehungsreich stürmischen Leben. Stets war aber sein Versöhnungs- und Vergeben-Bedürfnis groß geschrieben. Er nahm Entschuldigungen an, wusste sich auf seine Art selbst zu entschuldigen und hat sich immer seiner Verantwortung gestellt. Er liebte Kinder. Das wissen seine Kinder Dani, Matthias und Sinja besonders zu schätzen. So ist es auch zu verstehen, dass diese mit Leuten, die ihren Papi mit Engstirnigkeit und Anmaßung verärgerten und verletzten, heute noch Probleme haben. Da Vater Franz zu Lebzeiten jedem alles gleich oder aber sehr bald verzieh - lasst uns nun Gras drüber wachsen. Tod ist zugleich Versöhnung mit dem Leben!


Aus unserer Zusammenarbeit in der legendären Boygroup „4PS“ wurde eine ganz persönliche Freundschaft, die bis heute Bestand hat. Daher war’s für mich Ehre und Selbstverständnis zugleich, mit ihm und seiner kongenialen „4PS“-Musik unserem 2004 verstorbenen Trommelmann Fränki noch einmal in einem großen Konzert zu gedenken. Seine ganz besondere Art von Humor gehörte auch zu der uns drei prägenden Verbindung. 


So karikierte er mich immer wieder, einmal drei Zweipersonen-Mahlzeiten Chateau-Briand inklusive der Brotfüllung unterm Gemüse und danach den Wettgewinn von 3 Rieseneisbechern mit doppelt Schlagsahne hintereinander aufgefressen zu haben. Ich konnte immer nur begrenzt mitlachen, weil über die Jahre aus einer tatsächlich ohne Brotfüllung verdrückten Mahlzeit drei geworden waren. Dass mit den Eisbechern stimmte allerdings. 


So gibt es nicht nur viele Franz und Freunde bzw. Kollegen verbindende Anekdoten, sondern einfach auch Geschichten, die das Leben schrieb. Ich stehe hier anstelle Vieler, die - jeder für sich! - ihre eigene und besondere Geschichte einer Verbindung mit und zu ihm erzählen können. Das ergäbe eine spannende biografische Erzählung, der sich garantiert die schreibende Zunft noch annehmen wird - aber dann unbedingt auch mit seinen Rezepten, denn Franz konnte fantastisch kochen: Seine Lammkeulen erreichten durchaus Qualitäten seiner Musik!


Franz ist so plötzlich von uns gegangen, dass man glauben mag, er musste nur mal kurz was erledigen und kommt gleich wieder durch die Tür. Wir werden noch eine Weile zur Tür schauen, um zu begreifen, dass er nun nur noch in unserer Erinnerung weiter lebt. Aber das macht er sehr intensiv! Seit seinem Ableben gibt’s keinen Tag, an dem er nicht meine Gedankenwelt streift. Da sind die vielen Melodien, da sind seine Freude, seine Entrüstung, seine Neugier und seine Lebenslust.


Lieber Franz! Dein wunderbares Können, Dein ansteckendes Lachen und Dein beherzter Umgang mit den Dingen des Lebens werden uns, die wir Dir persönlich nahe waren, sehr fehlen. Ich verneige mich vor Dir ... und da spreche ich im Namen aller: Wir werden Deiner immer gedenken.“